(jg) Am Freitag, 9. Oktober 2020, hielt der Gossauer Prof. Dr. Leo Staub seine Abschiedsvorlesung am Weiterbildungszentrum der HSG. Er hatte den Bereich Law & Management der Executive School of Management, Technology and Law der HSG geleitet.
Rektor Ehrenzeller beschrieb die Karriere von Leo Staub und lobte dessen Errungenschaften für die St. Galler Universität. Staub sei „very HSG indeed“, auch wenn er als Absolvent der Universität Zürich ein spätberufener HSG-ler sei. Ehrenzeller hob Staubs Erfolg bei der Begründung zahlreicher Partnerschaften zu Universitäten und Unternehmen hervor, die massgeblich zur internationalen Ausstrahlung der Execuctive School beigetragen hätten. Leo Staub sei immer die „extra mile“ gegangen, wenn es ein Ziel zu erreichen gab. Man werde ihn vermissen. Er habe wesentlich dazu beigetragen, „Recht“ als festen Pfeiler in der Weiterbildung zu verankern.
Ein Staubscher Dreiklang mit Anregungen
Leo Staub, seit 2008 an der HSG, hielt eine erwartet spannende und pointierte Abschiedsvorlesung. Sie umfasste den Dreiklang Rückblick, Einsichten und Dank.
In seinem Rückblick fasste er eine ganze Reihe von Erkenntnissen zusammen. Insbesondere die Schnittstelle zwischen Recht und Betriebswirtschaft erachtet er als sehr wichtig. Er betonte die Bedeutung von Managementkenntnissen für Anwälte und umgekehrt auch von Rechtskenntnissen für Führungskräfte. Als junger Anwalt hatte er selbst das Exekutive MBA-Programm der HSG durchlaufen. Gerade in disruptiven Zeiten, in denen Kanzleien durch Entwicklungen wie Automatisierung und Digitalisierung, aber auch durch stärker werdende Konkurrenz der firmeneigenen Rechtsabteilungen, neue Wege suchen müssten, seien Kenntnisse in Unternehmensführung immer wichtiger.
Er erläuterte in der Folge die hauptsächlichen Unterschiede zwischen Recht und Betriebswirtschaft. Das Recht ziele auf einen Interessensausgleich und schaffe diesen, indem es die Komplexität des realen Lebens mittels allgemein gültiger Regeln reduziere. Die Betriebswirtschaft auf der anderen Seite akzeptiere die Komplexität und versuche, dem Chaos der Realität mit Modellen und Handlungswerkzeugen beizukomen.
Deshalb gebe es eine gegenseitige Befruchtung der beiden Gebiete. Ausserdem sei es wichtig, dass Forschung und Lehre durch den Praxisbezug aufgewertet werde, wie dies die HSG vorbildlich tue.
In einem zweiten Teil seiner Abschiedsvorlesung verglich Leo Staub seine persönlichen Einsichten, die er in der Praxis einerseits und an der Universität andererseits gewonnen hatte. Er wolle dies tun, „ohne zu werten“. Staub plädierte leidenschaftlich dafür, dass Professoren auch Praxiserfahrung sammeln sollten. Erst die Erfahrung der Emotionalität der Praxis mit dem spürbaren Druck von Kunden, der Verantwortung für die Mitarbeitenden und der Herausforderungen des Marktes ergebe eine gute Lehrleistung. Die Fähigkeit sodann, über den eigenen Tellerrand hinaus zu schauen und ein breiter akademischer Horizont würden für Professoren immer wichtiger. Zusammenhangloses Vermitteln von Wissen laufe ins Leere, Einbettung in den ökonomischen, gesellschaftlichen und ethischen Kontext sei gefordert. Diesen Ansatz pflege die HSG nicht nur in der Weiterbildung von bestandenen Führungskräften, sondern auch in der Ausbildung junger Menschen.
Auf der anderen Seite, so Staub, könnten die Unternehmer und Manager auch von der Akademie lernen. Unternehmen sollten ihren Mitarbeitenden auf jeder Stufe mehr Autonomie gewähren, wie sie an den Instituten der HSG erfolgreich gelebt werde. Mehr Autonomie würde Menschen motivieren und die Fluktuation senken. „Etwas mehr Gelassenheit, Mut und Raum für neue Ideen“ würden die Kreativität steigern. Das kurzfristige Denken in Quartalsabschlüssen verhindere ausserdem oft produktivere und nachhaltigere Lösungen.
Leo Staub in drei Sätzen
Nach seinem Studium und Doktorat an der Universität Zürich arbeitete Leo Staub am Bezirksgericht Rorschach. Später wagte Staub den Schritt in die Selbstständigkeit und war bis 2008 Seniorpartner einer grossen Anwaltskanzlei, die er mit aufgebaut hatte. Auch als Professor emeritus hat er nach wie vor verschiedene Mandate inne, so etwa das Präsidium der Genossenschaft Migros Ostschweiz.