DR. PHILIPP GUT: „US-WAHLEN: WO STEHEN TRUMP UND BIDEN?“

Täglich berichten die europäischen Medien über den amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf. Die Inhalte scheinen irgendwo im Atlantik zu versinken.


Es geht nur noch Stunden bis zum grossen Showdown. Am Dienstag wählen die Bürgerinnen und Bürger Amerikas einen neuen Präsidenten. Zugleich werden das Repräsentantenhaus und ein Drittel des Senats neu bestimmt. Wie jedes Mal, wenn die Supermacht ihren mächtigen Vorsitzenden erkürt, nimmt die halbe Welt am Spektakel teil.

Fräulein-Rottenmeier-Modus

Doch obwohl die europäischen Medien täglich über das bevorstehende Ereignis berichten und wohl kein anderer Zeitgenosse so viele Berichte provoziert wie Amtsinhaber Donald Trump, liest man erstaunlich wenig über die politischen Ziele der Kandidaten.

Am meisten zu reden gab das rüde erste Rededuell zwischen Trump und Joe Biden. Die Kommentatoren arbeiteten sich an der Stilfrage ab und verteilten Verhaltenszensuren. Journalisten im Fräulein-Rottenmeier-Modus.

Informieren statt moralisieren

Vor lauter Moralisieren vergessen manche, warum sie überhaupt da sind: nämlich um zu informieren. Nein, die politischen Gegner müssen im Wahlkampf nicht «Gräben zuschütten», wie eine der beliebten Phrasen lautet, sondern im Interesse der Wählerinnen und Wähler möglichst trennscharf ihre unterschiedlichen Ansichten vorstellen. Das ist der Sinn des demokratischen Ideenwettstreits.

Staatsverschuldung? China? Terrorismus?

Was sagen die beiden Widersacher zur immensen Staatsverschuldung der USA, die durch die Flut an billigem Geld noch mehr in die Höhe getrieben wird? Welche Rezepte haben sie gegen diese stille Enteignung der Sparer? Wo stehen sie geostrategisch? Würde Biden Trumps Kollisionskurs mit China stoppen? Wer hat die besseren Ideen für eine Entfesselung der Wirtschaft? Wer die überzeugendere Antwort auf die Bedrohung durch den Terrorismus?

Fragen über Fragen. Aber die Antworten scheinen irgendwo im Atlantik zu versinken.

Trump nützt der Schweiz

Eine ehrliche Aussage, die für unser Land nicht ganz unwichtig ist, machte der «Tages-Anzeiger»: Er stellte fest, dass die Eidgenossenschaft unter einem Präsidenten Joe Biden sicher keinen so guten Zugang mehr zum Weissen Haus haben würde, wie das unter Donald Trump der Fall ist. Das wäre schon mal ein Anfang für eine inhaltlich wieder gehaltvollere Berichterstattung.


Dr. Philipp Gut schreibt auf dem Online-Verbund von Portal24 jede Woche eine Kolumne, die auf den 10 dem Verbund angeschlossenen Portalen jeden Sonntagmorgen publiziert wird. Philipp Gut ist Historiker, Bestsellerautor («Jahrhundertzeuge Ben Ferencz») und einer der profiliertesten Journalisten der Schweiz. Mit seiner Kommunikationsagentur Gut Communications GmbH berät er Unternehmen, Organisationen und Persönlichkeiten. www.gut-communications.ch


 

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