Das Bundesamt für Gesundheit hat seine mangelnde Krisentauglichkeit in Corona-Zeiten mehrfach unter Beweis gestellt. Und nichts passiert.
(Dr. Philipp Gut, Kolumnist Uzwil24)
Die hausgemachten schlechten Nachrichten reissen nicht ab. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) macht nicht nur Schlagzeilen, weil es die Pandemie bekämpft, sondern auch, weil es dabei Panne an Panne reiht. Jüngstes Beispiel: Ein junger Berner sei am Coronavirus gestorben, meldete das BAG letzte Woche. Kurz darauf kam die Korrektur: Der Mann lebe, er habe keine schweren Symptome. Es war nicht die erste Verwechslung dieser Art. Im April verkündete das Gesundheitsamt den Tod eines 9-jährigen Mädchens. In Wirklichkeit handelte es sich um eine 109 Jahre alte Frau.
Eine weitere eklatante Fehlleistung war die Publikation falscher Daten. In Clubs und Restaurants gebe es die meisten Ansteckungen, liessen die Spezialisten des Bundes verlauten und mussten dann einräumen, dass dies nicht stimme.
Serie von Flops
Die Serie von Flops und Unterlassungen fing aber schon vor dem Ausbruch der Krise an: Das BAG war nur mangelhaft auf Covid-19 vorbereitet. Später behauptete es, Masken nützten nichts. Was es aber nicht daran hinderte, selber Masken zu horten. Wie eine Überkompensation wirkte dann der 180-Grad-Schlenker mit den plötzlichen rigiden Maskenvorschriften. Wer soll da noch Vertrauen in die Behörde haben?
Niemand wird zur Rechenschaft gezogen
Das Erstaunliche dabei ist, dass die Pannenserie überhaupt keine Folgen zeitigt. Ein privatwirtschaftliches Unternehmen, das derartige Fehlleistungen produziert, wäre im harten Wettbewerb rasch weg vom Fenster. Beim Bund ist es anders. Der Eindruck entsteht, dass die Beamten in einer Art geschützten Werkstatt agieren – mit unklaren Verantwortlichkeiten. Niemand wird zur Rechenschaft gezogen. Und der oberste politische Chef, Bundesrat und Innenminister Alain Berset, unterstützt diese Kultur noch, indem er meint, Fehler passierten halt. Mehr fiel ihm dazu nicht ein.
Es braucht eine kritische Öffentlichkeit
Ja, Fehler kommen vor. Überall, wo Menschen arbeiten. Aber sie sind dazu da, dass man daraus lernt – und nicht einfach weiterwurstelt, als wäre nichts geschehen. Dazu braucht es wachsame Bürger und Medien, die genau hinschauen.
Als ich im Frühjahr in den «TalkTäglich» von TeleZüri zum Abschied von BAG-Experte Daniel Koch eingeladen wurde, hatte die Redaktion Mühe, überhaupt einen kritischen Journalisten oder Politiker zu finden. Koch wurde beinahe verehrt wie ein moderner Heiliger. Ich fand das eher unheimlich. Langsam bildet sich jetzt aber eine kritische Öffentlichkeit. Gut so.
Dr. Philipp Gut schreibt auf dem Online-Verbund von Portal24 jede Woche eine Kolumne, die auf den 10 dem Verbund angeschlossenen Portalen jeden Sonntagmorgen publiziert wird. Philipp Gut ist Historiker, Bestsellerautor («Jahrhundertzeuge Ben Ferencz») und einer der profiliertesten Journalisten der Schweiz. Mit seiner Kommunikationsagentur Gut Communications GmbH berät er Unternehmen, Organisationen und Persönlichkeiten. www.gut-communications.ch