Seit 50 Jahren reinigt die Kläranlage in Niederuzwil häusliches Abwasser sowie Abwasser aus Industrie und Gewerbe. In den nächsten Monaten stehen weitreichende Entscheide für die nächsten Jahrzehnte an.
(Gemeinde Uzwil) Am 28. Dezember 1970 um 14.30 Uhr erreichte das erste Abwasser die neue Kläranlage in Niederuzwil und füllte allmählich die Becken. Das war vor 50 Jahren sozusagen der Anfang vom Ende der Uze als stinkende Kloake. Als Bach, der wie der frühere Gemeindammann Siegfried Kobelt das in seinem Beitrag zu Buch «vom Bettenauer Weiher zur Thur» schildert, zuweilen die Farbe von rot auf grün oder blau wechselte, ganz nach Lust und Laune der Färber bei der Firma Heer in Oberuzwil. Die Uze musste einst alles mitnehmen, was die Zivilisation loswerden wollte. Sie galt als das am meisten verschmutzte Gewässer der Ostschweiz, war ohne Leben. Natürlich: Nach Inbetriebnahme der Kläranlage und des Kanalnetzes dauerte es noch eine ganze Weile, bis Firmen und Private ihre Hausaufgaben machten. Tempi passati: Dank Kanalisationen und der Kläranlage ist die Uze längst wieder lebendige Heimat von Fischen, Krebsen und Kleinlebewesen. 5,3 Mio. Franken kostete damals der erstmalige Bau der Kläranlage, gemeinsam realisiert von Oberuzwil und Uzwil. Weil man damals feststellte: Gemeinsam geht Abwasserreinigung besser, wirkungsvoller, effizienter. Und billiger. Die Anlage leistete ab Beginn der 1970er Jahre treu ihren Dienst – und alterte. Kaum erstaunlich, ist sie doch 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche im Einsatz.
5 Mio. Bau, 19 Mio. Erweiterung
Weil die Anlage und ihre technischen Einrichtungen veraltet waren und gleichzeitig die Anforderungen an gereinigte Abwasser im Interesse sauberer Gewässer deutlich stiegen, wurde die Kläranlage zwischen 1995 und 1999 erneuert und erweitert. Bei gleichzeitigem Vollbetrieb. Rund 19 Mio. Franken kostete dieser Schritt. Wie immer im Abwasserwesen nicht finanziert mit Steuergeldern, sondern mit zweckgebundenen Abwassergebühren. Inzwischen sind die Einrichtungen der Kläranlage zwischen 20 und 25 Jahre alt. Nur der intensive und professionelle Unterhalt des Kläranlagen-Personals macht überhaupt möglich, eine solche Anlage so lange zu betreiben und gleichzeitig die geforderte Reinigungsleistung zu erbringen. Das bedeutet auch: Die nächste Erneuerung der Kläranlage steht demnächst an.
Zusammen oder alleine?
Sollen Uzwil und Oberuzwil den Weg in der Kläranlage weiterhin alleine gehen? Soll sich die Region zusammentun? Für die einen ist das eine emotionale Frage, für andere eine rationale. Vorstudien des Kantons St. Gallen und die Erfahrungen aus anderen Projekten zeigen: Zusammenschlüsse und grössere Kläranlagen sind ökonomisch sinnvoll. Für die Fachleute steht ausser Frage: Die Niederuzwiler Kläranlage können Uzwil und Oberuzwil auch im Alleingang sanieren und den heutigen Anforderungen anpassen. Die Fakten zeigen aber: Der Alleingang wäre deutlich teurer als eine anteilmässige Beteiligung an den Kosten einer Kläranlage für eine grössere Region. Der Zusammenschluss zu grösseren Anlagen entspricht auch deshalb einem Trend, der schon lange anhält und auch weiter anhalten wird. Grössere Anlagen – so die Erfahrungen – lassen sich nicht nur energieeffizienter, kostengünstiger und zuverlässiger betreiben als viele kleine, sie bringen auch ökologische Vorteile.
Vorteile einlösen?
Ob diese Vorteile auch eingelöst werden, entscheiden die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger. Seit Sommer 2019 arbeiten Fachfirmen am Vorprojekt für eine gemeinsame Kläranlage der Gemeinden Jonschwil, Uzwil/Oberuzwil, Zuzwil und Wil am Standort der Kläranlage in Niederuzwil. Sie schaffen so die erforderlichen Entscheidgrundlagen und eine fundierte Kostenschätzung für das Vorhaben. Dazu gehört auch, die Kernaussage der damaligen Studie – eine grosse Anlage ist gegenüber dem Alleingang mehrerer kleinen Anlagen im Vorteil – nochmals und anhand der konkreten Verhältnisse zu überprüfen. All diese Arbeiten sind Grundlage für die Volksabstimmungen, welche voraussichtlich Ende 2021 stattfinden werden. Stimmen die Stimmbürgerinnen und -bürger zu, könnten die Bauarbeiten voraussichtlich im Verlaufe 2023 beginnen, die neue Kläranlage könnte ihren Betrieb 2028 aufnehmen.
Standort langfristig vorhanden
Dimensioniert wird die neue Anlage auf den Zeithorizont 2050. Die neue regionale Anlage hat auf dem bisherigen Areal der Niederuzwiler Kläranlage gut Platz. Auf dem Areal sind auch noch Raumreserven über den Zeithorizont 2050 hinaus vorhanden, für weitere Ausbauschritte. Aber zuerst steht jetzt die Frage des nächsten Schrittes an. Sie werden entscheiden.