An unzähligen Orten im In- und Ausland ist das Gotteshaus ein zentraler Punkt und besticht vor allem durch seine Grösse und eine sehr kunstvolle Innenausstattung. Ein grosser Teil wurde vor 200 bis 300 Jahren erstellt – das gilt auch für die Pfarrkirche Niederhelfenschwil. Der frühere St. Galler Bischof Othmar Mäder hat sie liebevoll «kleine Kathedrale» genannt.
(Vroni Krucker)
Kirche mit Krypta
Bereits im Jahr 903 gab es in Niederhelfenschwil, damals Helfoteswilare, eine Kirche. 1586 wird ein frühmittelalterliches Gotteshaus erneuert, ob es die Kirche aus dem 10. Jahrhundert ist, lässt sich nicht feststellen. Der Turm um ein Stockwerk erhöht. Die damalige Kirche ist klein, hat eine bescheidene Innenausstattung. Sie ist etwa 10m breit und 22m lang und bietet Platz für ungefähr 190 Personen. Als Patrone erscheinen die heiligen Rupertus und Johannes der Täufer. Zum heiligen Rupertus entwickelt sich im Spätmittelale reihe Wallfahrt. Um die Kirche gibt es einen Prozessionsweg, der bei der Verehrung in die Unterkirche (Krypta) benützt wird.
Ein Aufschwung des Leinwandhandels in St. Gallen und Umgebung bringt im 17. Jahrhundert neue Verdienstmöglichkeiten. So entstehen neue Häuser – einige davon Riegelbauten – im Dorf, in Dägetschwil und in Enkhäusern. Die Kirche ist baufällig und zu klein. Dieser Missstand soll behoben werden, aber wie? Die Meinungen gingen weit auseinander. 1785 beschliesst die Gemeinde einen Neubau.
Neubau 1787
Einer alten Urkunde kann man entnehmen, unter welch harten Bedingungen und mit wieviel Einsatz aller Pfarreiangehörigen die neue Kirche gebaut wird. Es gab viele Probleme zu lösen: Wollen die Gemeindsgenossen versprechen, alle notwendigen Baumaterialien auf den Bauplatz zu führen? Will man helfen Steine brechen usw. Die Fragen wurden einhellig bejaht und am St. Laurenzen 1785 mit dem Bau begonnen. Jeder Pfarrgenosse wurde zu 70 Werktagen Fronarbeit verpflichtet. Es hatten alle Pfarrangehörige bis zu den Schulkindern herab, gleichviel ob reich, ob arm, zum Bau der Kirche beizutragen. Selbst die «Maidlain» waren dazu verpflichtet (Verordnung des Fürstabtes).
Das Werden des Neubaus
Klosterbruder Paul Wuocherer war Baumeister und Pfarrer Köchl hatte die ganze Oberleitung. Man stiess auf Schwierigkeiten. Beim Fundament zeigte sich die Erde so grundlos, dass beim Turm 42 Schuh (1 Schuh = 33,3cm) graben sowie Tag und Nacht Wasser gepumpt werden musste. Trotz aller Vorsicht stürzte diese gegrabene Höhle ein, verletzte aber keinen der darin befindenden Arbeiter. Das ganze Fundament musste sehr tief gegraben werden, sodass bezeugt wurde: es sind in der Erde gleich viele Steine und Mauerwerk, wie die Kirche ausserhalb benötigte. Um Martini 1770 war das Langschiff fertig, Chor, Turm und Sakristei wurden anno 1787 vollendet. Fürstabt Beda segnete die Kirche zum öffentlichen Gottesdienst ein, während die eigentliche Konsekration erst im Jahr 1804 durch den Weihbischof von Konstanz vollzogen wurde. Das Gotteshaus besticht auch durch eine sehr kunstvolle und reichhaltige Innenausstattung. Seit 1942 steht sie unter Denkmalschutz.
Aus der Urkunde
«Aus all diesem werden diejenigen nachkommenden Pfarrgenossen der hiesigen Pfarrei, wenn sie diese oder andere Urkunden zu lesen bekommen, einsehen, dass ihre Voraltern für dieses Gotteshaus alles Mögliche getan haben. Sie werden ihre Asche segnen, für sie beten und denselben in dem rühmlichen Eifer für das Haus und die Ehre Gottes nachahmen»!
Diverse Veränderungen, zum Beispiel:
1797 wird die erste Orgel als Occcasion im Kloster Notkersegg erstanden.
1805 werden bei einem Einbruch in die Sakristei alle Paramenten gestohlen
1807 in Bregenz ersteht man zwei Glocken, die zu einer einzigen umgegossen werden. Das
Geläute besteht aus vier Glocken aus den Jahren 1691, 1720, 1742
1852 Die Turmkuppel und die Kirchhofmauer werden ausgebessert; das Kreuz im Kirchhof wird erneuert; an den Glocken werden Revisionsarbeiten ausgeführt.
1860 wir für Fr. 400.—ein neuer Taufstein angeschafft
1865 seit diesem Jahr gehört Enkäusern zur Pfarrei, vorher Bischofszell
1875 bei einem furchtbaren Hagelwetter werden am 10. Juni sämtliche Kirchenfenster auf
der oberen Seite zerschlagen
1887 Auf die 100-Jahr-Feier hin ist es der grosse Wunsch des damaligen Pfarrer Josef Severin Vettiger, die Kirche zu renovieren. Er regte an, jedes der 770 Pfarrkinder sollte wöchentlich einen Beitrag von 5 Rappen leisten, was in vier Jahren etwa 8000 Franken ergäbe und zusammen mit den 12000 Franken Spende für die Renovation genügen dürfte. «Das scheint mir leicht möglich, wenn man bedenkt, wieviel Geld an jedem Markttag für unnötige, ja schädliche 2, 3 und 5 Deziliter Trank und für Cigarren und Kartenspiel ausgegeben wird», betonte der Pfarrherr. Trotz grosser Streitereien wurde die Renovation durchgeführt.
1932 wird ein neues Geläute angeschafft und 1987 eine neue Orgel
1942/43 Innenrenovation
1977 Karl Manninger malt auf der Empore ein neues Deckengemälde, das die Taufe des Kaiser Konstantin darstellt
2020 über die Orgel folgt ein eigener Artikel
(Quelle: Walter Stähelin)