Für die Aktienbörsen hat bereits «die Ära nach Corona» begonnen, findet Finanzanalyst Christopher Chandiramani in seinem aktuellen Uzwil24-Börsenkommentar.
Die Covid-19-Fallzahlen nehmen ab. Der Bundesrat lockert die strengen Massnahmen zu Bekämpfung der Lungenkrankheit. Auch die Regierungen von Deutschland, Österreich und den USA (ausser Frankreich) versprechen Erleichterungen. Aber um Rückschläge bei dieser Pandemie zu vermeiden, erfolgen diese Lockerungen nur schrittweise. Ladengeschäfte und Schulen öffnen in Kürze. Restaurantbesuche, Versammlungen, Tourismus und Sportveranstaltungen sind vermutlich erst ab Juni oder später wieder möglich. Über den Schaden des wirtschaftlichen Stillstands gibt es erst Schätzungen. Es könnten dreistellige Milliardenbeträge sein.
Starke Pharmawerte – schwächere Finanzwerte
Der Schweizer Aktienmarkt hat sich seit seinen Tiefstkursen bereits wieder um 25 Prozent erholt. Stark waren vor allem Pharmawerte, das Gesundheitswesen und die Wertentwicklung einiger Zulieferer. Schwächer waren Banken und Versicherungen in dieser verkürzten Osterwoche mit reduziertem Handel (freier Ostermontag), sowie einige Industriewerte. Sulzer war zeitweise schwächer wegen des Dividendenabgangs.
Die Zwischenergebnisse einiger Schweizer Firmen sind überraschend gut (Lonza, Nestlé, Givaudan Straumann, Sovova, Ems). In den USA erklimmen Aktien von Netflix (Filme) und Amazon (Versandhandel) neue Höchstkurse. Offenbar sind die zeitlichen Verzögerungen je nach Branche unterschiedlich. Insgesamt sind aber die Aktienbörsen mit der Erholung bereits wieder der Zeit voraus. Die «die Ära nach der Corona-Krise» hat hier schon begonnen.
Aussichten – lange Nachwehen möglich
Ökonomen stellen bereits eine spürbare globale Verschlechterung der Wirtschaft fest. In der Schweiz ist seit Mitte März ein Viertel der Produktion weggebrochen, ebenso viele Mitarbeitende sind momentan auf Kurzarbeit. Im Detailhandel und im öffentlichen Verkehr sind 50-60 Prozent der Dienstleistungen verloren gegangen (bei unverändert hohen Kosten), Export minus 30 Prozent, bei den Airlines sogar minus 80 Prozent, im Gastgewerbe (ohne Takeaway) annähernd 100 Prozent Einbruch. Das Bruttoinlandsprodukt könnte in dieser Periode zwischen 7-10 Prozent abnehmen, ähnlich wie im Jahre 1974 zur Zeit der Erdölkrise. Noch keine Übersicht haben wir bezüglich Auswirkungen im Ausland, und vor allem in den Drittweltstaaten. Sorgen bereitet insbesondere die weltweite Schuldenexplosion.
Die Corona-Krise hat innert Wochen auch 22 Millionen Amerikanern die Arbeitsstelle gekostet. Allein in der Woche nach Ostern stellten über 5 Millionen einen Erstantrag auf Arbeitslosenhilfe. Kurzarbeit ist in den USA nicht bekannt und die Arbeitslosenhilfe strenger geregelt als in Europa. China hatte lange Zeit ein jährliches Wirtschaftswachstum von 6-9 Prozent. Zum ersten Mal seit 1992 verzeichnet China ein negatives Wirtschaftswachstum im 1. Quartal 2020. Der Rückgang fiel deutlicher aus als erwartet.