Wir geben mit dieser Themen-Serie einen Einblick in verschiedene Aspekte der Betreuung und Pflege der Menschen im Alter.
uzwil24.ch-Expertin Ingrid Markart gibt Auskunft:
13.10.2019
„Diese Situation ist für alle Betroffenen sehr anspruchsvoll, vielleicht die schwierigste im Zusammenleben. Damit sind verständlicherweise grosse Ängste verbunden. Der Alltag kann bei zunehmender Vergesslichkeit und Verwirrtheit nicht nur zu einer grossen Belastung, sondern auch zu verschiedenen Gefährdungen führen. Denken Sie an vergessene eingeschaltete Herdplatten oder brennende Kerzen, verlegte Hausschlüssel oder plötzliche Orientierungslosigkeit auf der Strasse.
Die Wahrnehmungen des erkrankten Menschen verändern sich. Sie können nicht korrigiert werden. Es nützt nichts, wenn Sie den erkrankten Menschen überzeugen möchten, dass die Wirklichkeit anders ist. Wichtig ist, den Menschen so anzunehmen, wie er gerade ist, mit der Realität, in der er sich gerade befindet.
Bitte unterstützen Sie Ihren zu pflegenden Elternteil in Geduld. Das ist eine grosse Aufgabe. Und selbstverständlich stösst ein erkrankter Mensch früher oder später an seine Grenzen. Zeigen Sie Verständnis, bringen Sie sich entlastend ein. Es ist schwierig, aber bitte bleiben Sie in Ihrer Ruhe, lassen Sie sich offen auf diese neue Welt Ihres Elternteils ein. Finden Sie mit dem pflegenden Elternteil eine offene, tolerante und interessierte Haltung gegenüber dem Neuen, das Sie gemeinsam erleben werden. Das Leben wird voller Überraschungen sein. Bewahren Sie Ihren Humor, lachen Sie miteinander, denn sie werden im Neuen auch Lustiges erleben.
Klarheit hilft. Ist die Diagnose bekannt, zeigt sich der neue Weg. Ihnen werden Möglichkeiten zur Erleichterung im Alltag aufgezeigt. Sie können sich professionelle Unterstützung holen. Suchen Sie deshalb bei Anzeichen einer Erkrankung Unterstützung bei Ihrem Hausarzt, Ihrer Hausärztin. Diese werden entweder selbst Abklärungen treffen und bewährte Tests durchführen oder aber Sie an spezialisierte Stellen verweisen.
Es ist so oder so der Beginn eines neuen Lebens mit dem erkrankten Menschen. Schönreden nützt nichts. Sie werden das Ihnen Vertraute an Ihrem Elternteil langsam verlieren. Im Gegenzug entdecken Sie Neues, das eine grosse Bereicherung sein kann. Wie schön Ihre weitere gemeinsame Zukunft für alle Beteiligten wird, hängt stark davon ab, was und wie viel Sie an Veränderung zulassen und annehmen können. Sie können eine Zukunft in zwischenmenschlich hoher Lebensqualität führen.“
Zur Person: Ingrid E. Markart
- Ingrid E. Markart-Kaufmann, geboren 1963
- lic. iur. HSG, Rechtsanwältin, Master in Human Capital Management, Master in Facility Management
- Geschäftsleiterin PeLago – Pflegeheim Region Rorschach, Spezialisierung auf Schwerdemenz, ca. 140 Mitarbeitende
- Ingrid E. Markart kandidiert als Nationalrätin für den Kanton St.Gallen, Liste 4a (FDP.Die Liberalen)
Vorangehende Fragen/Antworten:
Mutter oder Vater bald pflegebedürftig. Was tun?
02.10.2019, Ingrid Markart:
„Menschen bleiben gerne im vertrauten Umfeld, ganz besonders, wenn Kräfte und Selbständigkeit nachlassen. Da es sich meistens um einen abbauenden Prozess handelt, ist ein schrittweises Vorgehen sinnvoll. Die Hausärztinnen und -ärzte können die Pflegebedürftigkeit in Kenntnis Ihrer Beobachtungen im Alltag besser einschätzen und gezielter zu einer ersten Unterstützung oder Verbesserung beitragen.
Bitte achten Sie als pflegende und betreuende Angehörige auch auf Ihre eigene Gesundheit. Oft wirken Angehörige erschöpfter und angeschlagener als die Pflegebedürftigen. Es ist niemandem gedient, wenn Sie sich nicht mehr erholen und in einen Erschöpfungszustand geraten. Die Sorge um Sie selbst als sorgende Angehörige ist genauso wichtig.
Wird Ihre Belastung zu gross, stehen die Spitex Organisationen professionell zur Seite und klären auf Wunsch vor Ort nötige Massnahmen ab. Fragen der Finanzierung werden von Pro Senectute professionell aufgezeigt, denn oft sind Mittel wie Hilflosenentschädigungen etc. gar nicht bekannt.“