BISHER 70’000 UNTERSCHRIFTEN FÜR KESB-INITIATIVE

Die KESB soll entmachtet werden. Das fordert die eidgenössische Initiative, für die seit 11 Monaten Unterschriften gesammelt werden. Aktiv dabei ist die SVP-Nationalrätin Barbara Keller-Inhelder aus Rapperswil-Jona. 

Frau Keller-Inhelder, wenn Sie Ihrem Nachbarn in wenigen Sätzen erklären, was die Initiative will, wie tun Sie das?
Heute kann die KESB einen fremden Berufsbeistand einsetzen, der zusammen mit der KESB über Ihre Person, Ihren Aufenthaltsort, Ihr Vermögen, Ihre Wohnung, Ihr Haus oder sogar über Ihre Familienunternehmung bestimmen und verfügen kann. Eine Gefährdungsmeldung genügt. Und diese kann jeder gegen jeden einreichen, anonym und kostenlos. Anders als in anderen Rechtsgebieten liegt hier die Beweislast nicht bei der Behörde, die in Ihre Freiheit eingreifen will, sondern bei Ihnen als betroffene Person. Sie müssen beweisen können, dass Sie problemlos ohne die KESB zurechtkommen. Für eine ältere Person, die nach einer Gefährdungsmeldung mit physischer Gewalt aus ihrem Eigenheim abgeführt, in einem Heim platziert und dort mit Medikamenten ruhiggestellt wurde, und die ab sofort keinen Zugriff mehr auf ihr Vermögen hatte, um einen Anwalt zu bezahlen, war das schlicht unmöglich.

Das wollen wir mit der Initiative ändern. Der Titel ««Eigenständiges Handeln in Familien und Unternehmen (Kindes- und Erwachsenenschutz-Initiative)» ist unser Programm. Die KESB soll gut funktionierende Familien nicht mehr willkürlich drangsalieren können.

Und wenn jemand keine gute funktionierende Familie hat?
Nach Absatz 2 der Initiative kann jeder mit einem Vorsorgeauftrag vollkommen frei bestimmen, wer für ihn im Ernstfall als Beistand eingesetzt werden soll. Und dies in der einfachen Form einer letztwilligen Verfügung und damit kostenlos. Ausserdem bleibt selbstverständlich die Gefährdungsmeldung und das Strafrecht – bei tatsächlichen Missständen kann und soll der Staat weiterhin eingreifen.

Zusammen mit Pirmin Schwander waren Sie von Anfang an skeptisch in Sachen KESB. Warum eigentlich?
Nationalrat Pirmin Schwander war beim Gesetzgebungsprozess dabei und hat unaufhörlich vor den Formulierungen gewarnt, die der KESB eine praktisch uneingeschränkte Macht verleihen. Mir wurde 2014 ein ganz schlimmer Fall zugetragen. Dieser zeigte deutlich, wie unter der neuen Gesetzgebung ungeeignete KESB-Mitarbeitende das Leben von Betroffenen willkürlich zur Hölle machen können. Seit der neuen Gesetzgebung sind KESB-Mitarbeitende passenderweise auch nicht mehr haftbar für Schäden, die sie anrichten.

Die Betroffenheit, die man aus Ihren Worten spürt, ist das die Folge von Erfahrungen im unmittelbaren Umfeld?
Glücklicherweise nicht. Aber seit dem genannten ersten Fall habe ich unzählige Betroffene persönlich kennen gelernt und ihre Dossiers geprüft. Das Mitgefühl für diese Menschen und das absolute Unverständnis, dass solches im vermeintlichen Rechtsstaat Schweiz passiert, macht mich enorm betroffen.

Rund um die Initiative hat sich ein Komitee gebildet, in welchen Parteilose, SVP, CVP und FDP Politiker engagiert sind. Wie erklären Sie sich, dass vor allem bürgerliche Politiker dabei sind?
Linke Kreise sind oft selber in Institutionen rund um die KESB beteiligt, verdienen daran, profitieren vom System. Und es handelt sich hier um ein Milliarden-Business.

Seit elf Monaten sammelt das Komitee Unterschriften. Benötigt werden 100’000. Was ist der aktuelle Stand?
Nationalrat Pirmin Schwander hat uns gerade informiert: Wir haben für die Sammlung eine dezentrale Struktur. Knapp 30 000 Unterschriften sind zentral bereits bearbeitet worden. Und 40 000 Unterschriften liegen bei den dezentralen Sammelstellen. Es braucht also noch einen grossen Effort. Wir wollen letztlich nicht «nur» 100 000 einreichen.

Sie haben noch bis im November Zeit. Schaffen Sie das?
Ich hoffe es!

Normalerweise gibt es viele Zeitungsartikel rund um eine Initiative. Hier ist es erstaunlich ruhig. Haben Sie auch diesen Eindruck – wie erklären Sie sich das?
Wir sind dermassen mit Betroffenen und ihren Fällen beschäftigt, dass wir bisher einfach keine Zeit hatten für Medienkonferenzen und Medienkampagnen, wie sie beispielsweise die Dachorganisation der KESB, die KOKES, regelmässig inszenieren.

Gleichzeitig gibt es heutzutage mehr kritische KESB Artikel, auch von Medien, die bisher eher Pro-KESB waren. Teilen Sie diese Einschätzung?
Ja, darüber sind wir natürlich froh. Mittlerweile haben namhafte Journalistinnen und Journalisten gravierende Fälle überprüft und darüber berichtet. Immer mehr Leute haben auch Kenntnis von stossenden KESB-Fällen aus ihrem persönlichen Bekanntenkreis. Die Problematik ist erkannt und das Thema wird heute ernst genommen. Es gibt auch immer mehr Betroffene, die ihre Fälle veröffentlichen wollen.

Normalerweise zeigt schon die Ankündigung einer Initiative Wirkung. Spüren Sie diese bei der KESB oder geht es weiter wie bisher?
Wir haben sehr bald die Wirkung der KESB-Initiative feststellen können. Unter ihrem Druck und dem öffentlichen Gehör, das wir uns damit verschafft haben, wurden an verschiedenen Orten ungeeignete KESB-Mitarbeitende entlassen und ausgewechselt. Es handelt sich dabei um solche, die jegliche Kritik arrogant und überheblich weit von sich weisen und selber aggressiv reagieren, anstatt die gut dokumentierte Kritik auch nur ansatzweise ernst zu nehmen. Gute, geeignete KESB-Mitarbeitende geben sich noch mehr Mühe und arbeiten noch besser also ohnehin schon. Ihnen gebührt grosser Dank und hohe Wertschätzung.

Wenn ich Sie richtig verstehe, dann setzen Sie alle Kraft für die Initiative ein und suchen nicht schon jetzt irgendwelche Kompromisse. Ist das so?
Ja richtig, Kompromisse sind hier keine möglich. Aber durch den Wechsel der zuständigen Departements Chefin, von BR Simonetta Sommaruga (SP) zu BR Karin Keller-Suter (FDP), entstehen neue Chancen, die notwendigen Korrekturen doch noch auf dem Gesetzesweg zu erreichen.

Mario Aldrovandi


 

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