„ES IST EINFACH NICHT RICHTIG VERTEILT“

Das Theaterstück «Der Eremit» forderte das Publikum in Oberuzwil anlässlich des Gedenkjahrs an Niklaus von Flüe auf, über heutige Ungerechtigkeiten nachzudenken.

Die «eher ungewohnte Begegnung mit Bruder Klaus» könne sehr komplex und unverständlich sein, sagt Phil Eicher, Pfarreiverantwortlicher von Fastenopfer Schweiz, und fügt an: «Das Stück ist nicht abgeschlossen, sondern regt zum Nachdenken an.» Anlässlich des Gedenkjahres «Mehr Ranft» habe sich Fastenopfer bewusst für eine kontroverse Herangehensweise an die Botschaft des vor 600 Jahren lebenden Einsiedlers entschieden. Aus dieser Idee entstand ein nicht historisierendes Theaterstück, das die Grenzen zwischen Damals und Heute verschwinden lässt.

Spagat zwischen den Zeiten

Seit Anfang September tourt das Stück «Der Eremit – Eine Begegnung mit Niklaus von Flüe» von Toni Bernet-Strahm und Paul Steinmann unter der Regie von Dieter Ockenfels durch die Schweiz. Am vergangenen Freitag fand die drittletzte Vorstellung in der Unterkirche in Oberuzwil statt und forderte das Publikum zum Spagat zwischen den Erzählebenen auf. Es beginnt mit einem Gespräch auf Mittelhochdeutsch zwischen Niklaus von Flüe mit dem namenlosen Pilger und Verfasser des überlieferten Pilgertraktats, doch bald werden die Zuschauer unfreiwillige Beobachter einer Theaterprobe, die immer wieder an den Problemen und der Unzufriedenheit der Schauspieler selbst scheitert.

Verknüpft mit Heute

Da ist einerseits Beat (Josef Blättler), der den fastenden Einsiedler aus Freude am Theater spielt, aber nicht ohne Schinkenbrot und Cola auskommt – und mit dem Spiel seinem drohenden Tod als Krebskranker die kalte Schulter zeigen will, bis der Vorhang fällt. Anderseits ist da Jan (Elmar Büeler), der als moderner Atheist die Verherrlichung eines 600 Jahre alten Heiligen und seine Rolle als Pilger nicht nachvollziehen kann, während er an der Ungerechtigkeit der Welt mit Hunger und Armut verzweifelt. Und als Letztes Regisseurin und Dorothea-Darstellerin Meret (Monica Gasser Weickart), die nach dem Sinn in ihrem eingeengten Alltag sucht und wie Bruder Klaus am liebsten alles hinter sich lassen würde.

Handeln und helfen

Die 45 Minuten sind dicht bepackt mit Denkanstössen, selbstreferenziellen Seitenhieben auf das Theater an sich und theologischen und ethischen Fragen. Kaum aufgeworfen, werden sie unbeantwortet durch die nächsten ersetzt. Der Schluss des Stücks wirft die Regeln des Bekannten über den Haufen, fordert zum Umdenken auf. Was am Ende bleibt, ist Bruder Klaus‘ Radbild mit seiner Botschaft des Friedens und der karikativen Hilfe sowie Jans wiederholter Ausruf: «Es ist einfach ungerecht verteilt.» Nicht ohne Grund folgt dem Stück ein Apéro, bei dem sich die drei Schauspieler und Fastenopfer-Vertreter Phil Eicher für Fragen und Diskussionen unter die Zuschauer mischen. Denn nicht nur das Damals oder Heute spielt bei «Der Eremit» eine Hauptrolle, sondern auch das Danach. Phil Eicher erklärt: «Wir wollen bewirken, dass die Leute zu handeln beginnen.» (bb.)


 

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